VW-Trouvaillen in BrienzWelch glanzvolles Käferfest
Käfer- und Bulli-Invasion am See: Was hat es mit den Kultkarossen auf sich? Einblicke in die Welt der Schrauber am Käfertreffen, wo ein Hauch von Hollywood weht.
21’529’464 Käfer, Volkswagen Typ 1, liefen von 1938 bis 2003 vom Band. Über 300 dieser VW-Oldtimer – Käfer, aber auch Bulli-Busse (Typ 2) – knattern am Wochenende durchs östliche Berner Oberland. Einer davon ist ein taigagrüner Bulli, Jahrgang 1976, mit 1997 Kubikzentimetern Hubraum und 69 Pferdestärken unter der Heckklappe.
Besitzer Thorsten Blatter steht am Samstagvormittag stolz neben seinem Bijou, strahlt mit den frisch polierten Chromteilen seines Vehikels um die Wette. Seine Anfahrt war weitaus kürzer als die der meisten Besuchenden – nur wenige Hundert Meter von Schwanden hinunter an den See. Dort ist der Brienzer Campingplatz Aaregg von Freitag bis Sonntag zum 11. Mal Schauplatz des «wohl schönsten Käfertreffens» der Schweiz.
Das Einfache fasziniert
Blatter, ein 33-jähriger gelernter Carrosseriespengler, der heute für die Zentralbahn arbeitet, präsidiert den organisierenden neunköpfigen Verein. Er sei ein Mann der ersten Stunde, sagt er, bereits als Schuljunge habe er vor 20 Jahren bei der Premiere mitgeholfen. «Die einfache Technik, die für alle greif- und erlernbar ist, sowie die Ästhetik der alten VW-Fahrzeuge faszinieren mich», begründet er seine Leidenschaft auf vier Rädern.
Es seien Autos für jedermann, was sich auch am Treffen widerspiegle. Kontrollschilder aus allen Landesteilen und dem nahen Ausland sind an glänzenden Stossstangen auszumachen. Es ist ein Tummel- und Rummelplatz für Anhängerinnen und Liebhaber der Kultkarossen.
Mann und Frau tauschen sich aus, leidenschaftlich wird gefachsimpelt, gestaunt, gelacht. Und auch mal auf dem Rücken liegend unter die knuffige Schnauze oder den runden Hintern geblickt. Ob elegante, original belassene Käfer oder aufgemotzte Busse mit exklusivem Interieur, zum Treffen zugelassen sind nur VW-Fahrzeuge mit Heckmotor. Bevorzugt luftgekühltem.
Viel Zeit, mehr Geld
«Das Schrauben ist pures Handwerk.» Und für Thorsten Blatter nichts weniger als «der schönste Job der Welt». Als zweifacher Familienvater müsse er sich die Zeit dafür aber meist stehlen. Er restauriert zwei VW-Trouvaillen. «Jede einzelne Minute davon ist goldig.» Demnach ist er ein steinreicher Mann, beziffert er seine Schrauberstunden doch auf Tausende.
Gar Zehntausende Franken seien es, die er bereits in seine Passion gesteckt habe. Eine genaue Zahl nennt er nicht, flachst aber: «Wenn meine Frau alle Teile zu jenem Preis verkaufen würde, die ich ihr genannt habe, hätte ich ein Riesenproblem…»
Als wertstabil bezeichnet er den nostalgischen Volkswagen, dessen Erfinder Ferdinand Porsche war. Und als wertvoll. «Je älter, desto teurer.» Der Kult um die Bulli-Busse sei grösser als jener um die Käfer. Erstere würden für bis zu 100’000 Franken gehandelt. Doch auch ein Buckel-Porsche kann ohne weiteres die Hälfte davon kosten.
Bulli aus Hollywood
Der OK-Chef weiss: «Jedes dieser Autos hat seine eigene Geschichte.» Für eine führt er über das Gelände zu Pettri Möhwald. Der Lörracher mit finnischen Wurzeln besitzt einen roten Bulli-Bus mit Baujahr 1969. Und mit einer Vergangenheit in Hollywood.
«Er gehörte Schauspieler Clayton Rohner, der unter anderem bei ‹Star Trek: The Next Generation› mitgespielt hat», erzählt Möhwald. Flugs ergänzt der Deutsche, dass er Rohners Angelschein im Wagen gefunden hat. Heute hängt die Lizenz zum Fischen als Deko am Seitenfenster.
Bei aller Faszination für die Nostalgie und die Technik: Sind Verbrennermotoren-Treffen in Zeiten von hitzigen Klimadebatten noch zeitgemäss? «Diese Frage ist berechtigt», entgegnet Thorsten Blatter. «Ich finde: ja.» Diese alten Fahrzeuge würden nicht mehr oft bewegt. Auch sollte man die Vergangenheit nicht leugnen, findet er. «Und nicht zuletzt bereiten die Oldtimer-Bijous vielen Leuten Freude.»
So beliebt wie nie
Der Andrang am Treffen hat am Samstagmittag einen neuen Höhepunkt erreicht. «Wir haben keinen Platz mehr», sagt Thorsten Blatter. Bei der letzten Ausgabe 2022 wurde mit 278 Wagen ein neuer Rekord erreicht. Dieser wird am Wochenende purzeln. Flugs werden darum auf dem Campingplatz drei zusätzliche Parkreihen für die kultigen Volkswagen bereitgestellt. Gegen Dichtestress am Käferfest.
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