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Bürgerkrieg in MyanmarViele Tote nach Luftangriff auf buddhistisches Kloster

Bereits vor etwas mehr als einem Monat wurde ein Kloster aus der Luft angegriffen, wie diese Aufnahme aus Papun zeigt. Die Militärjunta schlägt mit immer brutalerer Gewalt gegen die aufständischen Kräfte zurück. (31. März 2024)

Bei einem Luftangriff der Militärjunta sind in einem buddhistischen Kloster in Myanmar mindestens 16 Menschen getötet worden. Etwa 50 weitere seien bei dem Angriff am Donnerstag in der Magwe-Region im Zentrum des Landes verletzt worden, sagte der Augenzeuge Min Min Oo. Der 29-Jährige war an den Rettungsarbeiten beteiligt.

Das Militär habe angegriffen, als in dem Kloster in der Gemeinde Saw gerade eine Versammlung stattgefunden habe. An dem Treffen hätten unter anderem Mitglieder der örtlichen Verteidigungskräfte, die Widerstand gegen die Junta leisten, sowie mehrere Dorfvorsteher aus umliegenden Ortschaften teilgenommen, sagte der Mann weiter.

Die Zahl der Toten könnte den Angaben zufolge noch steigen. Die meisten Opfer sind demnach bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Auch der Abt des Klosters und mehrere Mönche kamen ums Leben. Das Kloster sei durch den Angriff völlig zerstört worden. «Die Bombe war extrem mächtig», sagte Min Min Oo.

Rebellenoffensive: Der Druck auf die Junta wächst

Die Generäle im früheren Birma regieren seit ihrem Putsch im Februar 2021 mit eiserner Faust und unterdrücken jeden Widerstand mit brutaler Gewalt. Immer wieder greift das Militär Orte aus der Luft an.

Die Zahl ziviler Opfer steigt stark an, seit die Regierungstruppen in dem Bürgerkrieg zunehmend brutal und ohne Rücksicht auf Verluste gegen aufständische Kräfte zurückschlagen. Diese haben vor sechs Monaten eine Offensive gegen die Militärjunta begonnen und grosse Gebiete in dem südostasiatischen Land eingenommen.

An allen Fronten wird das das Militär von Rebellengruppen aus Kämpfern ethnischer Minderheiten und neueren Widerstandskräften unter Druck gesetzt. Die Junta schreckt im Gegenzug nicht vor Angriffen auf Krankenhäuser und mögliche Schlupfwinkel ihrer Gegner oder deren mutmassliche Kollaborateure zurück.

«Wenn sich die Masse der Menschen gegen sie erhebt, schüchtert sie das ein, glaube ich», sagt Dave Eubank, Gründer der humanitären Organisation Free Burma Rangers, die in Myanmar seit den 1990er Jahren sowohl Kämpfern als auch Zivilpersonen hilft. «Sie wissen, dass Krankenhäuser, Kirchen, Schulen und Klöster wichtige Orte sind für menschliche Fürsorge und Versammlungen und Symbole – und sie attackieren sie. Das ist neu.» Die Militärregierung wies die Angaben über Angriffe auf zivile Ziele zurück.

Die Junta ist – mit Unterstützung Russlands und Chinas – militärisch deutlich besser ausgestattet als die Aufständischen. Mittlerweile kontrolliert sie aber nur noch weniger als die Hälfte des Landes. Sie hält aber hartnäckig an weiten Teilen von Zentralmyanmar fest. Dazu gehören auch die kürzlich mit Drohnen angegriffene Hauptstadt Naypyidaw und die grösste Stadt Yangon. Die Junta sei so stark geschwächt wie noch nie und extrem in Bedrängnis, sagt der Myanmar-Experte Morgan Michaels von der Denkfabrik International Institute of Strategic Studies.

Ein Camp für Binnenflüchtlinge im Osten des Landes: Etwa eine Million Menschen mussten wegen des Kriegs ihre Häuser verlassen.

Da sich die Kämpfe in dichter besiedelte Gebiete ausweiteten, mussten seit Beginn der Rebellenoffensive im Oktober etwa eine Millionen Menschen ihre Häuser verlassen. Insgesamt gibt es laut den Vereinten Nationen in dem Land mit seinen rund 56 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern nun mehr als drei Millionen Binnenvertriebene. Weil das Gesundheitssystem zusammengebrochen sei und Lebensmittelvorräte schrumpften, seien 18,6 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen, unter ihnen sechs Millionen Kinder. Vor einem Jahr war die Gesamtzahl den Angaben zufolge noch eine Million niedriger.

Der Beginn der Offensive

Seit dem Militärputsch gegen die gewählte Regierung von Aung San Suu Kyi im Februar 2021 haben die Juntagegner und Rebellen im ehemaligen Birma immer mehr Zulauf bekommen. Im Oktober 2023 jedoch erhielt die bewaffnete Opposition neuen Auftrieb, als das aus drei grossen ethnischen Milizen gebildete Bündnis «Allianz der drei Brüder» eine gemeinsame Offensive startete und dabei rasche Fortschritte erzielte. Die Aufständischen eroberten grosse Gebiete im Norden und Nordosten des Landes, darunter wirtschaftlich wichtige Grenzübergänge zu China und mehrere Militärstützpunkte. Daraufhin schlossen sich weitere bewaffnete ethnische Gruppen den Kämpfen an.

Zugleich erstarkten die Volksverteidigungskräfte – bewaffnete Widerstandsgruppen, die die NUG-Schattenregierung unterstützen, die sich als legitime Regierung versteht. Sie starteten eigene Angriffe und wurden dabei oft von den ethnischen Milizen unterstützt und ausgebildet. Beide Seiten behaupten, einen hohen Blutzoll gefordert zu haben. Die Militärregierung unter General Min Aung Hlaing räumte ein, unter Druck zu stehen und arbeitet an einer Aufstockung der Streitkräfte. Das trieb junge Menschen in den Widerstand. Viele weitere flohen vor den Kämpfen aufs Land oder in Nachbarländer.

Die jüngsten Gefechte

Zu den heftigsten Kämpfen der vergangenen Wochen kam es im Südosten. Dort verkündeten die Aufständischen Anfang April, sämtliche Militärstützpunkte in Myawaddy erobert zu haben, der wichtigsten Stadt an der Grenze zu Thailand. Doch zugleich wird die Stadt noch von der Militärregierung verwaltet. «Das ist keine Schwarz-weiss-Situation», sagt Michaels über die Gefechte in dem Gebiet. «Es ist nicht so, dass das Regime Gebiete zurückerobert und seine Macht wieder festigt. Vielmehr hält es sich auf Messers Schneide.»

Mit Luftangriffen und Artillerie zerstören die Militärs ganze Dörfer.

In der strategisch wichtigen Stadt Kawkareik, die Myawaddy mit dem Rest des Landes verbindet, indes hat das Militär die Aufständischen zurückgedrängt. Tausende Zivilpersonen flohen aus Myawaddy und Kawkareik, doch vielen weiteren gelang die Flucht nicht. Nach Angaben der unabhängigen Organisation AAPP, die sich für politische Häftlinge einsetzt und Opferzahlen dokumentiert, wurden von Anfang November bis Anfang Mai mindestens 1015 zivile Todesopfer gezählt. Vermutlich sei die Zahl in Wahrheit mindestens doppelt so hoch, erklärte die Organisation. Seit dem Militärputsch vor drei Jahren seien 4962 Zivilpersonen getötet worden. AAPP führt die Todesfälle unter anderem darauf zurück, dass die Junta zunehmend rücksichtslos vorgehe.

Auch Experte Eubank spricht von einem immer aggressiveren Vorgehen des Militärs. Doch im Kampf gegen den gemeinsamen Gegner wachse die Einheit der Opposition, sagt er: «Die Armee ist immer noch stärker als jede der Widerstandsgruppen (…), aber sie ist nicht stärker als alle anderen zusammen.»

Wie geht es weiter?

Ob die Einigkeit hält, falls die Junta stürzt, und ob sich die disparaten Widerstandskräfte auf einen gemeinsamen Weg für Myanmar einigen können, bleibt laut Michaels eine offene Frage. Sie hätten zwar einen gemeinsamen Grund für ihren Kampf gegen die Regierung – es gebe aber bereits Hinweise auf mögliche künftige Konflikte zwischen den Gruppen, etwa aufgrund territorialer Streitigkeiten.

DPA/anf